Ich wollte grün, stürmisch und atmen. Der Sommerdürre in Europa kurz entkommen und mich in die unberührte Idylle der Färöer Inseln stürzen.
Irgendwie hatte ich noch nie etwas über diese Inselgruppe gehört, so geht es vielen, wie ich mittlerweile herausfand.
Angefixt von atemberaubenden Bildern auf Instagram war der Flug über Kopenhagen schnell gebucht, ein paar Winterklamotten aus dem Keller gekramt und meine eigene Interpretation von Wander-Fashion kurzerhand zusammengestellt.
Auf ging’s ins Land der Wikinger, auf die kleine Inselkette zwischen Norwegen und Island, deren Szenerie oft herhält für die dunkelsten Nordic Thriller, welche manchmal die Bestsellerlisten anführen.
Ein Flugzeug verirrt sich ins Nirgendwo
Ich als Gangplatz-Fan war froh, dass ich im Landeanflug auf die Färöer Inseln einen Fensterplatz hatte.
Nur so konnte ich die spektakuläre Aussicht auf das Schauspiel der Bergkette unter mir bestaunen.
Von oben sieht die zerrupfte Insellandschaft aus wie ein zerbröselter Keks.
Die Wassermassen des Nordatlantiks bahnen sich ihren Weg durch 18 vulkanische Felseninseln und es scheint, als verknüpften sie die Inselgruppen zu einer gewaltigen grünen Landzunge, hoch im nordischen Nirgendwo Europas.
Wuchtige, spitze Bergkleckse bohren sich ihren Weg durch die kleinen Wölkchen über ihnen und je weiter es abwärts Richtung Landebahn geht, erkennt man weite Seen, umringt vom leuchtenden Grün der Grasfelder.
Mit wacklig röhrenden Turbinen und ein paar Schubsern durch Windböen setzen wir auf dem Mini-Airport in Vagar auf, der übrigens nur 1 Landebahn hat.
Ankommen auf Føroyar
Wer gern mal abends ein Schluck Vino & Co. in seiner Unterkunft trinkt, deckt sich am besten mit einem Fläschchen davon gleich am Flughafen ein.
Alkohol ist auf den Färöer Inseln nicht gerade günstig und auch nicht (so einfach) frei verkäuflich, ausser in Lokalen.
Dies ist historisch bedingt – Prohibition lässt grüssen!
Es hat also einen Grund, warum sich nach der Landung im Duty Free Bereich Menschenberge vor den Regalen mit Jim, Jack und Johnny tummeln.
Gut zu wissen
Um vom Flughafen in seine Unterkunft zu gelangen (zum Beispiel nach Tórshavn), hat man die Wahl zwischen Bus (90 DKK), Privat-Taxi (<3 Personen, ca. 800 DKK) oder einem Shuttle Taxi (ab 3 Personen à 200 DKK).
Taxen sollten entweder vorab reserviert werden oder man wartet einfach, bis sich 3+ Personen gefunden haben, bis die Fahrt beginnen kann. Hier gilt dann das ‚First come, first served‘- Prinzip.
Hört sich mühsam an, ist jedoch ruckzuck geregelt. Auf einer Inselkette mit knapp 50’000 Einwohnern teilt man, auch wenn man sich nicht kennt.
Wer es etwas anonymer will nimmt einfach den Bus, der fast stündlich, jedoch unregelmässig fährt und nicht jedes färöer Eckchen bedient.
Es empfiehlt sich, vor der Anreise auf die Färöer Inseln, sich über viele wundersame Gegebenheiten vor Ort zu erkundigen.
Nicht alles auf Gullivers Insel läuft so, wie man es anderorts vielleicht gewohnt ist.
Eigenartige Natur
Allein die Anreise, quer durch die färöer Landschaft gab einen Vorgeschmack darauf, was sich mir in den kommenden Tagen bieten würde.
Schnell stellte ich fest, dass es hier keine Bäume oder Büsche gab, was die gewaltige Kulisse dieses Archipels jedoch keineswegs schmälerte.
Ich musste für mich das Wort ‚Natur’ wohl neu definieren, beeindruckt wie ich war von der unglaublichen Weite der Graslandschaft, den tiefen Felsschluchten, gewaltigen Wasserfällen und dem brausenden Meer ringsherum.
So was einzigartig Schönes, hatte ich selten gesehen.
Abenteuer-Insel mit Angebot
Ich musste feststellen, dass kurzfristiges Planen und Buchen von Touren nicht sehr smart war.
Auch wenn die Färöer Inseln von Touristen bislang noch weniger frequentiert sind als zB. Island, waren viele meiner anvisierten Touren ausgebucht.
Ob Vogelbeobachtungen, Angel- und Bootsausflüge oder Hiking-Abenteuer – diese Inseln bieten einfach das volle Programm für jeden Naturliebhaber. Warum sonst kommt man hierher?
Die tollsten Angebote für Ausflüge und Abenteuer findet man meiner Meinung nach bei Heimdaltours oder Guide to Faroe Islands.
Hier konnte ich mir letztlich dann doch noch einen privaten Guide buchen, der mich quer über die Inseln scheuchte und mir alles Sehens- und Wissenswerte zeigte, was man sonst nur in Reiseführern findet.
Ein wenig kam ich mir vor, als hätte ich einen Crashkurs in färöischer Geographie, Geschichte und Naturkunde erhalten.
Ich rechnete schon damit, dass mein Guide am Ende der Tour Fragebogen, Stift und Flipchart zückte.
Ich versuche an dieser Stelle übrigens das Wort ‚Wandern‘ zu vermeiden.
Wandern klingt so alt, so langweilig, so ohne Ziel! Wie ätzend. Wandern ist die grosse Schwester von ‚Spazierengehen’ . Genauso ätzend.
Nennen wir es für den weiteren Verlauf des Textes doch einfach ‚rumlaufen‘.
Hot Spots der grünen Idylle
Das Repertoire an Sehenswertem ist gross und auf jeder Entdeckungsreise über die Färöer Inseln sollten folgende Destinationen auf keinen Fall fehlen:
Die Altstadt von Tórshavn, das malerische Saksun mit seiner Lagune, die fantastischen Vogelkliffe bei Vestmanna, das beeindruckende Standbild der Seehundsfrau in Mikladalur, der atemberaubende Wasserfall Bösdalafossur, sowie das magische Panorama am Beinisvörd.
Hinweg geht es über Klippen, Hänge, Hügel und der Einsamkeit der Einöde, welche vermoste Steinhäuschen, niedliche Kirchen, abgelegene Seen und beängstigende Abgründe bietet.
Wer mutig ist kann an der Klippe Trælanípan, an welcher früher arbeitsunfähige Sklaven hinabgestürzt wurden, seine Höhenangst unter Beweis stellen.
Achtung, der Wind hier oben ist verdammt heftig und es ist nicht ganz unbegründet, warum man auf Sicherheitsabstand zum Klippenrand hingewiesen wird.
Faszinierendes am Wegesrand
Hinzu, zur beeindruckenden Landschaft, kamen die ganzen Tiere die hier quer in der Pampa herumstanden, grasten oder gemütlich über die Strassen spazierten.
Selbst die Zwei- und Vierbeiner, wie Schafe, Kühe, Gänse, schienen vollkommen high und auf ‚Peaceful Nature‘ zu sein. Unglaublich!
Zwischen kleinen Steinhütten, vor einem verlassenen See, fielen mir unterwegs ein paar Zotteln auf, die unter einer Brücke hingen.
Wie ich erfuhr handelte es sich hierbei um Walfleisch, welches zum Trocknen aufgehangen wurde, damit es wenig später verkauft oder verspeist werden konnte.
Man stelle sich vor, dass in Zürich an einer Brücke oder einem Balkon Bratwürste zum selben Zweck baumeln würden. Unvorstellbar.
Genau diese Entdeckungen sind das Faszinierende auf den Färöer Inseln, die mir im Nachhinein wie ein grosser abenteuerlicher Freizeitpark vorkommen.
Die abgestimmte Kulisse an Landschaft, Tieren, Wind und Wetter, gewürzt mit den teils ungewöhnlichen Gepflogenheiten der Färöer macht dieses Land zu einem aussergewöhnlichen Erlebnis.
Bon Appétit auf färöisch
Wie ich von meinem Guide erfuhr gibt es hier, ausser Kartoffeln, keinerlei Anbau an Obst oder Gemüse – alles muss importiert werden.
Bei so viel Wasser ringsherum ist es aber nicht erstaunlich, dass der färöer Fisch zu den qualitativ besten der Welt zählt und die eigentliche Hauptnahrungsquelle der Insulaner ist.
So wundert es ebenso wenig, dass auf fast jeder Speisekarte der ansässigen Restaurants, neben Schaf und Beef, vor allem Meerestier geboten wird.
Unterwegs auf den Färöer Inseln zu speisen ist ein Genuss, vor allem fürs Auge und fürs Gemüt.
Während es draussen windig und kalt ist, empfängt einen die wohlige Gemütlichkeit des nordisch Besonderen, herzlich dekoriert in vielen Restaurants.
Nach dem Essen verweilt man noch bei einem Digestif, einfach weil man noch länger in dieser herzlichen Wärme der Gaststuben ausharren möchte, bevor es wieder raus in die klirrende Kälte geht.
Wer selbst in diesen Genuss kommen möchte, kann sich zB. in Tórshavn im Restaurant Barbara frischen Fisch schmecken lassen oder sich bei Katrina Christensen eine feine Auswahl an Tapas färöer Art bestellen.
Das kuschelige Ambiente gibt’s hier als Beilage obendrauf.
Væl Gagnist!
Auf Wiedersehen auf Gullivers Insel
Mein Motto: „Been there, done that“.
3 Tage auf den Färöer Inseln waren eindrücklich, überwältigend, einfach atemberaubend schön… aber auch ausreichend.
Obwohl die Färöer Inseln klein und abgelegen sind, bieten sie für jeden Besucher einzigartige und authentische Abenteuer.
Die Landschaft, mit ihrem tropfenden Grün und den kleinen bunten Häuschen, ist ein farbenfroher Ort und die färöische Natur an Reinheit und Echtheit kaum zu überbieten.
Unberührt, Unerforscht, Unglaublich!
Mit einem Tag Verspätung verliess ich dieses grüne Land der Stille. Das Wetter, mit seinem Nebel, Nieselregen und Wind, machte einen termingerechten Abflug unmöglich.
Ob dies der Grund ist, warum Vagar Airport zu den 10 schlechtesten der Welt zählt? Völlig übertrieben!
Nach 3 Tagen drückten mir die Berge von allen Seiten aufs Gemüt und ab und an verweigerte der wabernde Nebel der Sonne etwas Heiterkeit zu verbreiten.
Als ich meinen Flieger der SAS bestieg, schaute ich noch mal umher auf die kleinen Hügel dieser idyllischen Zauberinsel.
Mit einem Schmunzeln stieg ich ein und freute mich auf bunt, laut, hektisch.
Ich konnte es nicht erwarten zurückzukehren in meine eigene Definition von Idylle – die vertraute Zivilisation in meinem vermissten Zürich.
Adjø Føroyar
15 KOMMENTARE
Sehr schön geschrieben. Mir war es aber gleich kalt geworden. Huui!!!
Das es da Gänse mit vier Beinen gibt, war mir neu und grenzt schon an ein Wunder. – Selbst die Vierbeiner, wie Schafe, Kühe, Gänse, –
Hahha, man muss ja immer was zum Schmunzeln einbauen! Mission completed 🙂
Sehr übersichtlicher und praktischer Bericht – mit vielen Tips und Hinweisen!
Toll geschrieben!
Danke dir, Herbert. Liebe Grüsse und ich hoffe du hast einen beeindruckenden Trip zu den Färöern. Anna
Du erweckst die Faröer Inseln mit Deiner anschaulichen Beschreibung vor meinem inneren Auge zum Leben. Das liess mich sogar kurz die 2stündige Zugverspätung vergessen. Danke!
Awww das freut mich! Man hilft wo man kann! Gute Reise dir ????????
Danke, dass du mich immer wieder aufs neue an Orte mit nimmst, die ich noch nie gesehen habe und vermutlich auch nie sehen werde♡♡
Danke Anna für deinen kurzen, interessanten Bericht über die Färörinseln. Wunderbare Fotos unterstreichen dein Reisebericht und somit auch bildlich ein Vergnügen! Ich glaube Mai 20 muss ich mal eine Fotoreise auf die Inseln planen.
Merci dieu Mau!
Hardy
Danke für deinen Kommentar, Hardy. Ein unvergessliches Reiseerlebnis, in der Tat. Und weniger überlaufen und schon fast unentdeckt, im Gegensatz zu Island. Viel Spass auf den Inseln dann im kommenden Jahr. Anna
Liebe Anna,
deine Bilder sprechen Bände und es bedarf nicht vieler Worte um ein Gefühl für dieses Archipel zu bekommen. Fast kann ich die Inseln, das kühle salzige blaugrüne Meer, den frischen Wind und die duftenden Wiesen und die steinig grauen Felsen riechen.
Eine entrückte Landschaft, bizarr und urspünglich unverrückbar-wunderschön
Danke
Padmapani
Liebe Padmapani, danke für die zauberhaften Worte. Schön zu lesen. Viel Freude beim Reisen und Lesen. Liebe Grüsse, Anna
Liebe Anna, ich bin ganz zufällig auf deinen Blog gestossen und lese mich – Quarantäne sei dank… – durch all deine Beiträge. Färör habe ich schon länger auf meiner bucket list, dein wunderschöner Beitrag hat den Ort bei mir in der Prioritätenliste wieder etwas höher gesetzt! Ganz toll geschrieben und ganz tolle Bilder – du hast einen neuen Follower gewonnen 🙂
Liebe Iris, was für den Kellner das Trinkgeld ist, sind für mich Kommentare wie deiner. Vielen vielen Dank für das Kompliment und Welcome auf meinem Blog. Ja, die Faröer Inseln sind ein einziges Naturschauspiel und gerade zu diesen Zeiten sehne ich mich genau an solche Orte zurück – vielmehr als an Orte mit Strand und Meer. Du wirst es lieben und verzaubert sein von diesem kleinen magischen Inselchen. Herzliche Grüsse und bleib gesund. Alles Liebe, Anna.
Gut recherchiert ! Allerdings ist der Begriff wandern für mich schon angebracht bin selber im Gebirge aufgewachsen mit Bergen über 3000 metern Seehöhe und steiles Gebiet gewöhnt da ist sehr wohl ein Unterschied zwischen wandern und spazieren ansonsten wären wir da schon gleich beim Bergsteigen ? In der heutigen Zeit ist reisen wirklich bequem geworden und soviel ich weiss hat man auf den Inseln schon über einen Tourismus der eventuell ausufern könnte diskutiert ( Klimaschutz ) das mittlerweile bequeme Erreichen der Insel hat also seine Vor und Nachteile ! In Zukunft wird wenn wir unsere Klimaziele wirklich erreichen wollen ( nach Covid 19 mit allen Varianten ) werden wir wohl Reisen einschränken müssen besonders zuerst in ökonomisch sensiblen Gebieten wie Faer Oer … leider !
Lieber Josef, ja da hast du wohl recht. Wir hoffen mal auf das Beste – für alle Beteiligten, auch zum Wohle der Natur. Solange leben wir von wunderbaren Erinnerungen aus der Reisewelt.
Happy Sonntag. Anna