Flugangst? Ich auch! Sobald der Flieger abhebt und in die Lüfte steigt, schlägt mein Puls aus, wie ein Metalldetektor am Flughafen, wenn man vergessen hat den Gürtel abzuziehen.
Irgendwann, kurz nach dem Steigflug, beruhigt sich die Lage – spätestens bei der Durchsage des Piloten an die Innenkabine: „Cabin Crew released“.
Das ist der Moment, wenn ich denke ‚Hey, alles gut – wenn der Chef da vorn seine Mannschaft abschnallen, aufstehen und rumlaufen lässt, was soll da schon passieren? Läuft!’
Ha, denkste!
Und wie aus dem Nichts
Da segelt man nichtsahnend durch die strahlende Sonne auf 11’000 Meter Höhe und auf einmal fängt das Flugzeug unkontrolliert an zu ruckeln oder gar abzusacken.
‚Hallo, was soll das? Das war so nicht vereinbart, Jungs!‘
Ich hasse diese Momente, besonders wenn es tatsächlich in Turbulenzen ausartet und das unkontrollierte Gewackel immer stärker wird.
Während neben mir die Leute schlafen oder lesen und die fröhlich hüpfenden Stewardessen weiterhin mit einem Lächeln Tomatensaft ausschenken, flipp ich innerlich fast aus und suche mit den Augen Verbündete, die meine Angst teilen.
Vergebens.
‚Wie können die alle nur so entspannt dasitzen, es ist bitterer Ernst!!’, denke ich so bei mir.
Spätestens am hin und her schwappenden Kaffee, der in meinem Becher einen Tango hinlegt, weiss ich, es ist mal wieder so weit. Tempo Turbulino!
Ich mag Turbulenzen nicht nur nicht, sie lösen bei mir auch ein schleichend mulmiges Gefühl aus und ich frage mich, ob wir das Ganze hier heil überstehen.
Eigentlich Blödsinn, denn rational gedacht weiss ich, dass ein Flugzeug sowas aushält.
Und dennoch – Luftlöcher und Turbulenzen sind eine Art Katalysator für die Flugangst.
Schaut man dann noch nach draussen und sieht, wie sich die Flügel biegen und unter der Windbelastung schwingen, setzt das noch mal einen drauf.
Ich möchte jetzt aussteigen, bitte!
Alles halb so schlimm?
Es ist, salopp gesagt, unangenehm wenn das Flugzeug völlig aus dem Nichts in ein Luftloch gerät und absackt.
Wenn der Flieger dann noch unaufhörlich hin und her wackelt, kann ich mich da schon mal reinsteigern.
Bei schweren Turbulenzen läuft vor dem inneren Auge schon das Horror-Szenario eines Absturzes ab.
Doch ein solcher Extremfall ist eher unwahrscheinlich.
Man braucht keine Angst zu haben (versichern mir immer wieder Crew-Mitglieder), dass ein Flugzeug durch Turbulenzen auseinander bricht, auch wenn die Flügelspitzen und Triebwerke unter Umständen ziemlich stark wackeln.
Dafür sind sie gebaut. Zudem ist das Durchbiegen der Flügel eine Art Federung, die dem Komfort dient.
Luftlöcher, als Auslöser für das komische Ruckeln, sind als Schlaglöcher wie auf einer Strasse zu verstehen, wurde mir erklärt.
Das Absacken ist zwar unangenehm, aber für das Flugzeug in keiner Weise gefährlich.
Aha, und was machen wir jetzt mit meiner Angst? Die kapiert das Ganze nicht – Angst ist emotional, ohne Verstand.
Versuchen wir also mal eine etwas rationalere Betrachtung.
Wie entstehen Turbulenzen überhaupt?
Turbulenzen sind Bewegungen des Flugzeugs auf den Wellen von Luft, welche in Bewegung sind – zu vergleichen mit einem Boot, das sich auf den Wellen des Wassers hin und her bewegt.
Luftwellen werden verursacht durch:
1. Zwei verschiedene Luftwellen mit verschiedenen Geschwindigkeiten, die sich übereinander bewegen
2. Warme und kalte Luft, die aufeinandertreffen
3. Das Fliegen durch eine Wolke, die dann kälter ist als die Luft drum herum
4. Ein anderes Flugzeug, welches natürlich selber auch Turbulenzen verursacht
Es ist ja wohl klar, dass Luft nicht bewegungslos im Raum steht: Das Gas um uns herum bewegt sich ständig.
Tut es das spürbar, nennen wir es Wind.
Luft bewegt sich in Schichten und oft in unterschiedliche Richtungen. Herrscht viel Bewegung, spricht man von einem Wirrwarr, einer „instabilen Schichtung“.
Ein Flugzeug, das da hindurch fliegt, kann rappeln wie ein Auto auf Kopfsteinpflaster.
Wenn ein Flugzeug also in so ein Auf- und Abwind fliegt, hebt oder drückt es die Maschine.
Allerdings in sehr viel geringerem Masse, als man denkt – da stimmt etwas mit unseren Gefühlen nicht. Kann das sein?
Was sich wie eine erhebliche Höhenveränderung anfühlt, ist meist ein Absacken oder Steigen der Maschine um lediglich wenige Meter.
Bei 800 km/h reicht eine kleine Höhenveränderung aus und man spürt quasi, wie man aus dem Sitz gehoben oder hineingepresst wird.
Der Schreck darüber beruht auf einer Fehleinschätzung der Sinne, die uns täuscht, weil sie die verspürten Kräfte mit unserer Normalität vergleicht.
Viele der erschreckenden Gefühle, die unsere Flugangst füttern, beruhen auf „Fehlmessungen“ – irgendwie verschätzen wir uns.
Und das lässt sich, meiner Erfahrung nach, nicht abschalten.
Augen zu und durch! Was will man machen?
Wie gefährlich ist das alles eigentlich?
Natürlich gibt es auch ernstere Turbulenzen. Das sind dann die, welche an Bord Schreckensszenarien auslösen können.
Auch in ganz normalen Gewittern kommt es zu Auf- und Abwinden, die Geschwindigkeiten von bis zu 180 km/h erreichen können.
Da scheppert’s dann richtig in der Kabine – und das gilt auch für Passagiere in der entspannten First- und Business Class.
Ein Mal Angst zum Luxuspreis, bitte!
Zum Glück erkennen Piloten diese Turbulenz auslösenden Felder auf einer ihrer kleinen Blinkeanlagen im Cockpit und wann immer möglich, umfliegen Passagierflugzeuge solche Zonen weiträumig.
Das Flugzeug hält das alles aus, es ist dafür gebaut. Wissen wir ja jetzt! Und trotzdem.
Turbulenzen sind Fliegeralltag.
Schönchen!
Warum sind Flugbegleiter oft nicht angeschnallt?
Als Passagier erlebt man – abgesehen von Start und Landung – selten, dass auch die Flugbegleiter angeschnallt auf ihren Plätzen sitzen.
Wieso dürfen die eigentlich rumlaufen, wenn wir „Fasten the seatbelt“ spielen müssen? Und zwar genau dann, wenn man auf ‚17‘ muss?
Treten allerdings schwere Turbulenzen auf oder sind diese zu befürchten, wird der Service an Bord auf Geheiss des Flugkapitäns abgebrochen.
Aber auch das dauert seine Zeit, weil ja zunächst alles sicher verstaut werden muss, um die Passagiere nicht zu gefährden.
Bei einem 11 Stunden Flug von Tokio zurück nach Zürich waren die Turbulenzen so heftig, dass der Pilot während knapp 7 Stunden das Anschnallzeichen anschalten und die Cabin Crew sich hinsetzen musste, wenn es hiess: „Cabin Crew, take your seats“.
An Schlaf war natürlich nicht zu denken. Ich war ein Nervenwrack – für ganze 7 Stunden.
Das Kabinenpersonal hatte quasi Turbulenz-frei und ich hatte Hunger!
Gibt es einen Safe-Place im Flugzeug?
Jain. Erwischt es einen, erwischt es alle – so meine kleine Apocalypse Devise!
Aber, wie ich schon in meinem Blogbeitrag ‚Der beste Sitzplatz im Flugzeug‘ geschildert habe, gibt es Sitzplätze im Flugzeug, auf denen man per se weniger spürt.
Grundsätzlich vernimmt man in der Mitte des Flugzeugs (über dem Radkasten) die wenigsten Erschütterungen.

Denn dort, wo die Flügel am Rumpf befestigt sind, ist das Flugzeug am stabilsten.
Am unruhigsten ist dagegen der hintere Bereich des Fliegers. Denn wenn der Pilot das Höhenwerk bedient, spürt man die Steuerkräfte vor allem ganz hinten.
Zudem ist es dort auch am lautesten und kältesten.
Und bei der Frage, ob man besser am Fenster oder in der Mitte sitzen sollte, empfiehlt sich für Angsthasen wohl eher das Fenster – weil das Auge einen Fixpunkt in der Ferne hat und das stabilisiert einen innerlich.
Ausserdem kann man schauen, ob da draussen alles mit rechten Dingen zugeht.
***
Was ich mittlerweile sehr schätze, wie bei Swiss oder Emirates, wenn die Piloten bereits vor dem Start durchgeben, dass zu Beginn oder auf mittlerer Strecke Turbulenzen auftreten könnten oder das ein Landeanflug etwas holprig werden würde.
Dann weiss ich, ok – der First Officer checkt was läuft und ich kann mich in den bevorstehenden Schaukelgang einwiegen und meine Angst damit etwas schmälern.
Klappt ganz gut.
Kommentare von anderen Passagieren wie etwa (schon mehrfach gehört!!): „Wie fliegt der denn heute schon wieder, mann!“, lassen mich dann nur noch schmunzeln, während ich draussen in der Ferne meinen Fixpunkt suche und den Flügeln beim flattern zuschaue.
Anna, manchmal eben mit Angst away!
5 KOMMENTARE
Sehr aufklärend.
Hilft mir aber wenn ich Angst haben nicht wirklich.
Gut dass wir das jetzt, mit den Turbulenzen wissen – beim nächsten mal lese ich aber lieber wieder über die schönen Dinge des Lebens beim Reisen.
Kommt gleich als nächster Beitrag. 🙂
Alles Wissenswerte über die ollen Turbulenzen im Flieger sehr charmant und luftig verpackt. Wortgewandt, wie immer ????
LG
Alles Wissenswerte über die ollen Turbulenzen im Flieger sehr charmant und luftig verpackt.
LG
Danke dir du Liebe, es freut mich so, dass der Artikel dir gefällt. Happy Weekend. :-*