Dieser Tag fing mit dem Ende an: Aufgewacht und über Sonnenuntergänge nachgedacht.
Neulich auf einer Insel im nördlichen Atoll der Malediven kam mir genau der gleiche Gedanke.
Jeden Abend zig Fotos vom Sonnenuntergang geschossen, weil irgendwie keiner dem anderen glich.
Fotographisches Festhalten dieses Naturschauspiels – Philosophie, die keine Worte braucht.
Aber was ist nur dran an einem Sonnenuntergang?
Sonne geht auf, Erde dreht sich drumherum, Sonne geht unter, fertig. Was bitte soll an diesem solar-universellen Ereignis so spannend sein?
Ich weiss es, weil sie’s einfach draufhaben!
Sonnenuntergänge rocken den Urlaub, den Moment! So ist es doch!
Sonnenuntergänge bedeuten Ferien, Freizeit, Weg-vom-nervigen-Arbeitsalltag, sie bedeuten Liebe und Freiheit!
Sie sind Poesie am Horizont, wenn die Sonne das tiefblaue Meer küsst – irgendwo da hinten.
Sonnenuntergänge sind endlich im jetzt, doch unendlich im morgen.
Sonnenuntergang zum Nachsitzen
Etwas Physik, die jegliche Romantik von Sunsets entzaubert:
Der Sonnenuntergang ist aus einem ähnlichen Grund rot, wie der Himmel blau. Im Grunde genommen ist die Farbe des Himmels eine optische Täuschung.
Das Sonnenlicht ist nämlich aus verschiedenen Farben – rot, orange, gelb, grün, blau, violett – zusammengesetzt.
Die blaue Farbe wird viel schneller gestreut als die rote, weil sie eine kürzere Wellenlänge hat.
Über grössere Strecken wird der blaue Anteil des Lichts deshalb stärker reduziert.
Und da am Abend der Weg des Lichtes durch die Atmosphäre zur Erde länger dauert, sieht man nun vor allem die roten Anteile des Lichts.
Übrigens gibt es die schönsten Sonnenuntergänge bei erhöhter Luftverschmutzung, weil dann das Licht abgelenkt wird.
Dass bedeutet: Je „dreckiger“ die Atmosphäre, umso öfter wird das Licht gebrochen, desto schöner der Sonnenuntergang.
Schönheit kennt echt keine Grenzen.
Sonnenuntergänge im Alltag?
Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal aus der Arbeit gestürzt bin, um auch ja pünktlich zum Sonnenuntergang zu Hause zu sein.
Irgendwie sind Sonnenuntergänge in der gewohnten Umgebung, im Alltag, nur halb so lovely.
Sie kommen nur richtig gut, wenn man sie woanders erlebt – allein, mit jemandem zusammen oder vielleicht verbunden mit einem bestimmten Anlass.
Wenn ich an einem Sommer-Wochenende auf einem Roof-Top in Zürich oder auf einem Boot auf dem Zürichsee Sonnenuntergänge erlebe, macht es mich schon fast etwas melancholisch.
Vielleicht weil ich feststellen muss, dass ich schon wieder einen Tag älter geworden bin, morgen das Wochenende vorbei ist oder ein schöner Abend zu Ende geht?
Und dann lässt mich die eintretende Dunkelheit, mit diesem Gedanken auch noch allein. Na toll!
Mein Fazit: Sonnenuntergänge im Alltag können niemals mithalten, mit denen, die man auf Reisen erlebt.
Ausgenommen der, am letzten Abend im Urlaubsparadies.
Jetzt aber mal unter uns
Menschen die gewohnheitsgemäss auf Reisen Sonnenuntergänge fotografieren, diese dann an Freunde und Familie schicken, wollen damit eigentlich sagen:
„Hier, bitte sehr! Ich bin ein Mensch, habe ein tiefes Empfinden für die Natur und deren Ereignisse. Ich bin sentimental und denke gerade an dich. Zudem habe ich den Blick eines Malers und möchte dich an diesem ästhetischen Moment teilhaben lassen.“
Geben wir’s doch zu, Bilder von Sonnenuntergängen – ob blanko, mit Weingläsern im Vordergrund oder mit küssendem Pärchen im Mittelpunkt – haben etwas ruhiges, besinnliches, gar spirituelles.
Und sind wir ehrlich – dann gibt es wiederum diejenigen, die Sunset-Fotos von ihrer Super-Insel schicken und damit sagen wollen:
„Ihr habt sicherlich bemerkt, dass ich gerade nicht am schnöden Alltagsleben teilnehme, sondern am anderen Ende der Welt, den Sundowner am Strand geniesse.
Dies bedeutet, ich habe so viel Geld und Musse, um für 2 Wochen um die Welt zu gondeln und so viel Feingefühl, euch daran teilhaben zu lassen.
Seht her, ich bin weit gereist, nachdenklich, sensibel, mit gutem Geschmack. Ich dachte es schadet nichts, euch daran zu erinnern.“
Wie man’s mag.
Ich stelle fest, wenn ich Fotos vom Sonnenuntergang von anderen anschaue, toucht es mich nicht, weil es nicht mein eigens Erlebter ist.
Wenn Sunset-Pics von Freunden auf meinem iPhone aufpoppen, interessiert mich viel mehr: ‚Wo ist das, wie kommt man da hin, war ich dort schon mal, wo ist mein Koffer?‘
Sonnenaufgang – die kleine Schwester
Ich stamme aus dem „Land der Frühaufsteher“.
Was soll man machen, mich hat niemand bei der Motto-Findung nach meiner Meinung gefragt!
Obwohl ich gern schlafe, hat mich das Schicksal einfach mit dem Label „Morning Bird“ versehen.
Nicht nur an Arbeitstagen sondern vor allem in den Ferien, irgendwo in einem anderen Land, bin ich mit dem ersten Hahnen-Krähen aus den Federn.
Ich liebe Sonnenaufgänge. Der Moment wenn noch alles schläft, noch neu, friedlich und unverbraucht erscheint.
Herrlich, dieser Augenblick von Einsamkeit!
Wenn jemand denkt, New York sei die Stadt ‚that never sleeps‘ – Pusteblume!
Und wie sie schläft. Lauft mal morgens 5 Uhr über den Times Square oder am Central Park entlang, hoch zur 84sten.
Als wäre die Zeit kurz mal stehengeblieben, gerade als die Sonne aufgeht.
Wenn man den Sonnenaufgang irgendwo am Meer zelebriert, erlebt man sogar die blaue Stunde. Die beste Zeit Fotos zu machen, wie ich finde.
Zudem kann man beobachten, wie Fische und andere Tiere sich extrem nah an den flachen Strand oder aus ihrem Versteck wagen.
Sonnenaufgänge sind etwas unbeachtet und nicht so populär wie deren Event-Kollegen ein paar Stunden zuvor.
Sicherlich hat es damit zu tun, dass der Sonnenaufgang an sich mit Aufstehen, müde sein, neuer Tag, neue Pflichten, von-neuem-genervt-sein verbunden wird.
Zum Glück kann man ja wählen, wann man die Sonne am liebsten beim Wandern zuschaut.
Ob Sonnenauf- oder Sonnenuntergang – man sollte sie geniessen, wenn sie passieren.
Denn die Gelegenheit, welche zu erleben ist, wie alles, schlichtweg limitiert.
***
In früheren Jahren war Ibiza meine 2. Heimat. Wie zauberhaft und unvergessen waren die berühmten Sonnenuntergänge am Café del Mar, im Norden der Insel.
Damals, wie sicherlich auch noch heute, klatschten Möchtegern-Hippies, tosenden Beifall, als das Meer die Sonne endgültig verschluckte.
Sicherlich weil dies der Paukenschlag jedes Wahl-Ibizenkers war. Die Nacht konnte endlich beginnen und wieder zum Tag gemacht werden.
Aber ich wusste nur: Die Sonne geht unter und küsst nun irgendwo einen anderen Himmel.
Anna
4 KOMMENTARE
[…] setzt die Sonne dann noch mal einen oben drauf. Sonnenuntergänge rocken einfach jeden Urlaub, […]
Hi Anna,
Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen. Etwas so Alltägliches, wie einen Sonnenaufgang, von so vielen Seiten so schön erfrischend zu beleuchten, hat mich beim Lesen zum schmunzeln gebracht.
Es begeistert mich sehr, wie lebhaft und klar Du deine Erlebnisse und Gedanken beschreibst.
LG Britti
P.S. Das Land der Frühaufsteher heißt mittlerweile „Ursprungsland der Reformation“… da komm ich nämlich auch her 😉
‚Ursprungsland der Reformation‘? Das klingt nach letzten Jahrtausend. Wie unsexy.
Danke dir für dein ’neuzeitlich‘ liebevolles Kompliment. Öbde.
:-* Anna
[…] Projekt Haselnuss – und meine Haut tanzt Samba im Abendrot des Sommers. […]