Wer rollt auch mit den Augen, wenn das Flugzeug zur Landung aufsetzt und doch tatsächlich Leute anfangen zu klatschen? Schuldig im Sinne der Anklage! (Arm-hoch-Emoji)
Ich habe mich immer gefragt, warum klatscht man im Flugzeug?
Sind es die Pauschaltouristen, die nicht oft fliegen und denken, dass gehört sich so? Sind es die Angsthasen unter den Passagieren, die einfach nur danke klatschen wollen, weil sie lebendig und am Stück am Zielort angekommen sind?
Oder ist es der allgemeine Gruppenzwang dem viele folgen – klatscht einer, klatschen alle?
Ich wundere mich immer! Ich habe noch nie erlebt, dass nach Ankunft eines Zuges im Abteil geklatscht wurde.
Genauso wenig habe je einen tosenden Applaus vernommen, nachdem ein Taxifahrer seinen Gast am Endziel abgesetzt hat.
Also doch nur Angst in the mix mit Erleichterung featuring Gruppenzwang im Flugzeug?
Applaus dem Dirigenten
Seit Jahrhunderten ist Klatschen eine Geste der Anerkennung, und nicht nur in der Oper.
Als erfahrener Vielflieger kann ich sagen, dass früher viel mehr im Flieger applaudiert wurde.
Und ich gestehe, auch ich habe mich dieser honorierenden Geste nach einer Landung bereits hingegeben. Hoffentlich hat’s keiner gesehen.
Fliegen war vor mehreren Jahren noch etwas Besonderes, bevor der Preiszerfall dieses Reiseerlebnis zum Alltäglichen degradierte.
Heute wird viel weniger geklatscht. Die Momente des Beifalls, als Lohn der Piloten, scheinen rar geworden zu sein.
Sie sind unter uns
Vor allem auf Charterflügen gen Malle, Bodrum oder Thessaloniki wird immer noch fleissig geklatscht, wie ich beobachten konnte.
Auf diesen Flügen sind fast ausschliesslich Urlaubspassagiere – also keine Geschäftsreisenden, für die Fliegen dasselbe ist wie Zugfahren.
Zudem fliegen diese Passagiere wahrscheinlich nicht so häufig und sind daher vielleicht noch faszinierter von dieser Art der Fortbewegung.
Angetan und verzaubert vom Wunder der Aeronautik.
Wer klatscht denn da im Flugzeug?
Die meisten Passagiere klatschen nicht, viele finden Applaus an Bord peinlich und überflüssig.
Andere sind wiederum der Meinung, man müsse die schwierige Aufgabe des Piloten durch Applaus wertschätzen.
Auch der Herdentrieb spielt eine Rolle, so lassen sich hin und wieder notorische Anti-Klatscher dann doch von den anderen Passagieren mitreissen.
Ist mir auch schon passiert.
Hingegen in der Business-Class habe ich noch nie jemanden klatschen sehen. Ist dort wahrscheinlich per Ehrenkodex innerhalb der Business-Gang verboten.
Die Klatscher sind dann doch eher diejenigen, die selten fliegen.
Der Lande-Applaus könnte somit als typisches Verhalten von Pauschaltouristen gelten, wobei andere sich lieber als Individualisten abgrenzen.
Ich zähle mich zur Spezies 2. Eigentlich irgendwie schade, jetzt wo ich darüber schreibe und nachdenke.
Aber der Augenblick im Flugzeug, bei einer Landung, ist ja nur eine Momentaufnahme für ein paar kurze Sekunden.
Entweder habe ich das Bedürfnis die Hände aufeinander zu schlagen oder nicht.
Meistens eher nicht.
Die Ausnahme für alle Anti-Klatscher
Bei turbulenten Landungen ist dies anders. Mit aufsetzenden Reifen am Boden strömt eine Welle beruhigender Erleichterung durch den Körper.
Da kann es sogar vorkommen, dass sich ein sonst so beherrschter Geschäftsmann in der Business-Class zu einem Applaus anstiften lässt.
Nicht einmal zu unrecht. Denn bei solchen Landungen ist auch die Crew gefordert, obwohl man weiss, dass Flugzeuge komplett unbemannt starten und landen könnten.
In manchen Situationen bedarf es eben doch der tollen Erfindung ‚Mensch on duty‘, um zu navigieren.
Und nach heftigen Turbulenzen ist so ein kleines Appläuschen doch sogar richtig wohltuend – vor allem für einen selbst.
Dieses kleine Zucken in den Händen, als Dankbarkeit an die Flugkunst des Piloten.
Beim Beifall im Flugzeug geht es aber eigentlich gar nicht um die Crew.
Vielmehr ist wohl das Klatschen Ausdruck der Erleichterung darüber, eine als gefährlich eingestufte Situation überlebt zu haben.
Und nach einer überstandenen Gefahr belohnt einen das Gehirn mit Glückshormonen.
Meine Angst ist beim Fliegen viel grösser als beim Auto- oder Zugfahren, auch wenn das irrational ist.
Und wenn dann der Flieger auf der Landebahn aufsetzt, applaudieren eben manche Passagiere, was hin und wieder für hochgezogene Augenbrauen und wissendes Grinsen bei denVielfliegern sorgt.
Mein persönliches Fazit: Nach turbulenten Situationen, darf man dem Piloten ruhig mal Beifall zollen.
Applaus den Lebensrettern im Cockpit!
Klatschfreie Zone?
Fliegen ist immer noch eine Dienstleistung, die ich in Anspruch nehme. Genauso wie beim Friseur, Taxifahren oder im personal Training.
Solange nicht Celine Dion von der First Class in die Economy rüberkommt und ein Ständchen zum Besten gibt, applaudiere ich wohl eher nicht.
Klatschen ist etwas Emotionales – entweder etwas catcht mich oder meine Hände bleiben still gefaltet, wie bei einem Morgengebet im Nonnenkloster.
Nach einer gefühlten Nahtoderfahrung bei einem extrem heftigen Anflug auf den Flughafen Zürich vor ein paar Jahren, zollte ich dem Piloten dankbar Anerkennung, indem ich ihm beim Ausstieg auf die Schulter klopfte und wortlos für’s heile Aufsetzen dankte.
Das empfand ich in diesem Moment als sinnvoll, emotional und persönlich.
Da Piloten den Applaus im abgeschotteten Cockpit nicht einmal hören können, geht der ganze Beifall sowieso nur an die Crew in der Kabine.
Keine Frage, dass diese Form der Anerkennung natürlich ebenfalls schmeichelhaft für sie ist.
Ich hab mal gelesen, dass die Piloten über einen Applaus der Passagiere informiert werden.
Also kriegt am Ende ja jeder was ihn glücklich macht. Die beklatschten Piloten samt Crew ein anerkennendes Lob und die Passagiere, nach überstandener Landung, einen sich normalisierenden Puls.
Applaus den Glückshormonen!