Allein im Restaurant sitzen ist wohl für viele der Härtetest. Ich muss zugeben, auch für mich. Obwohl ich mittlerweile quasi Profi darin bin – im allein reisen und allein speisen. Dinner for one, kein Problem für mich.
In diesem Beitrag gebe ich euch meine 5 Tipps, um sich in Restaurants, zum Beispiel zum Dinner, weniger allein zu fühlen und komisch angestarrt zu werden – ob zu Hause oder auf Reisen. Zudem teile ich mit euch 5 coole Erfahrungen, die ich gesammelt habe, als ich auf meinen Reisen allein zu Abend ass und ihr erfahrt, warum ich immer die Bar für ein ‚Dinner for one‘ bevorzuge.
Auf einmal allein im Pärchenwald
In einem früheren Blog habe ich ja bereits beschrieben, was für mich die Vorteile des Alleinreisens sind. Unter anderem, dass man eben alleine ist. Wenn man sich dann aber Aktivitäten widmet, die man für gewöhnlich zu zweit macht, muss man sich wahrlich überwinden und das dann auch durchstehen.
Es ist eher ungewöhnlich Menschen allein im Restaurant zur Dinner-Zeit zu sehen, vor allem ein Mädel. Schnell kommt der Gedanke auf, dass sie vielleicht versetzt wurde.
Die nächste Frage die hinterher huscht ist dann, ob sie so unausstehlich ist, dann man sie hat hängen lassen. Oder man denkt vielleicht noch, dass sie naiv sei, sich mir nichts dir nichts auf ein wackeliges Date eingelassen hat und nun ungeduldig wartend auf ihrem Stuhl rumrutscht.
Vielleicht sind das auch nur meine Gedanken, wenn ich eine solche Situation beobachte.
Fakt ist aber, sitzt man allein im Restaurant, ist das unbequem, unbehaglich und komisch. Man fühlt sich tatsächlich allein oder allein gelassen. Man wird angestarrt und sieht die Gedanken und Fragen der anderen Gäste in deren Köpfen tanzen.
Kommt mit mir raus der Komfort-Zone und lasst euch in 5 Punkten zeigen, wie leicht es ist, allein in einem Restaurant zu Abend zu essen. Probiert es mal aus, am besten zu Hause, in heimischen Gefilden.
Der Härtetest folgt dann draussen, in der grossen weiten Welt.
#1 Den Restaurantbesuch richtig planen
Zuerst stöbere ich auf diversen Webseiten, was die angesagtesten, traditionellsten oder meist empfohlenen Restaurants in der Stadt sind, in die ich reise.
Wenn ich nicht gerade eine konkrete Empfehlung von jemandem bekommen und mal notiert habe, nehme ich für meine Suche meist EliteTraveler, CondéNastTraveler, TimeOut oder Travel&Leisure.
Dort schaue ich mir an, wo das Restaurants gelegen ist, lese einige Kritiken und schaue mir vor allem die ‚DNA‘ des Restaurants an. Das heisst, ich scrolle durch die Fotos auf der GalerieSeite, wenn es eine gibt, und schaue, wie das Restaurant beschaffen ist.
Ist das Restaurant gross und stehen die Tische weit auseinander, ist die Chance wohl grösser hier als einsamer Restaurantbesucher in der einsamen Prärie des Gastraumes herauszustechen.
Lieber mag ich also Restaurants die klein und eng, jedoch bequem und gemütlich sind. Hier geht man im Menschensalat unter und hat irgendwie immer Kontakt mit dem Tischnachbar zur Rechten oder Linken. „Achtung“, Gesprächspotenzial!
Das Platz-Feng-Shui ist für mich allerdings am idealsten an der Bar. Jackpot! Warum? Gleich dazu mehr.
#2 Dinner-Tisch für 2 reservieren
Wenn ich irgendwo reserviere, meist online, dann buche ich immer für 2! Ja, richtig gelesen, ich buche für 2. Damit schliesse ich aus, dass man mir einen Tisch am Rand, aussen, hinten oder an einem anderen nicht so tollen Platz zuteilt.
Restaurants haben oft einen Tischplan, wo sie die Buchungen des Abends bereits vorm Eintreffen der reservierten Gäste mit Bleistift eintragen. Vielleicht erinnert sich jemand an das wilde Rumradieren, sobald man sich am Empfang angemeldet hat.
So erhöhe ich meine Chance, einen sehr guten Platz zu bekommen. Und ich muss sagen, es hat bislang immer geklappt.
Ich sitze allein an meinem Platz und hatte entweder den perfekten Tisch mit Aussicht, mitten in der Mitte, erhöht auf einer Empore oder sonst wo, wo wahrscheinlich die meisten Gäste haben sitzen wollen, die wirklich zu zweit sind. Sorry, guys!
#3 Platz an der Bar reservieren
Wenn ich bei meiner unter Punkt 1 beschriebenen Suche dann feststelle, dass das Restaurant eine Art Bar hat, an welcher man auch essen kann, buche ich sehr oft einen Platz an eben dieser.
Ein Sitz an der Bar ist wohl der idealste Platz, wenn man allein ins Restaurant geht. Dort sitzen Leute in einer geraden Linie.
Von hinten, von der offenen Restaurantseite her, fällt nicht auf, wer dort allein oder in Begleitung ist, sofern man nicht länger beobachtet.
Hier kommt man unweigerlich ins Gespräch mit demjenigen, der gerade neben einem Platz nimmt oder dort schon sitzt. Entweder rutscht einem die Jacke vom Barhocker, man findet den Haken unter der Theke zum Aufhängen nicht oder man muss dem neuen Nachbar seine Bestecktasche wieder zurückschieben mit der er sich ausgebreitet hat.
Des Weiteren hat man die Barkeeper und Kellner immer vor der Nase. Man kann während des Essens das bunte Treiben hinter und neben der Bar beobachten und so einige interessante Dinge feststellen.
Zum Beispiel ob sich die Belegschaft untereinander gut versteht, ob es im Restaurant den ein oder anderen nervigen Gast gibt oder man lernt tatsächlich, wie die aktuellsten Cocktails zubereitet werden.
Eat and Learn nenne ich das. Den Bleistift immer gezückt um ein paar Rezepte mitzuschreiben. Für’s Auge ist die Zubereitung von Food & Drinks, die man dort so aufschnappt, allemal etwas.
#4 Handwerkzeug mitnehmen
Bevor ich abends ausgehe, bewaffne ich mich mit diversen Zeitschriften, meinem Ipad oder Laptop. Je nachdem, wie elegant das Restaurant ist, desto weniger nehme ich natürlich mit.
Um es genauer zu sagen, in einer traditionellen gemütlichen Taverne oder Trattoria findet man mich eher mit Laptop oder Ipad vor der Nase. Falls jemand fragt, bin ich auf Geschäftsreise und arbeite halt einfach während des Dinners.
Ist das Restaurant eleganter, nehme ich 2-3 Zeitschriften mit, in denen ich rumschmökern kann. Da es sich meist um meine Lieblings-Reise-Zeitschriften handelt, kann ich hier bei gegrilltem Seeteufel an Pilzravioli gemütlich meiner Recherche nachgehen.
Für alles weitere muss mein Handy herhalten. Ich modifiziere Fotos vom Tag und schreibe ein paar Messages an meine Lieblingsmenschen daheim.
Ich halte mich also beschäftigt und geniesse es mittlerweile auch einfach mal kauend in die Luft zu starren und mich heimlich zu amüsieren, wenn sich 2 oder 3 Pärchen an den Nachbartischen 30 Minuten lang nix zu sagen haben und sich gegenzeitig ihre Zornesfalten präsentieren.
#5 Ausrede parat haben
Wichtig. Ausrede parat haben. Wir erinnern uns, ich buche immer für 2. Das ist nicht mehr zu verstecken, wenn ich dann im Restaurant angekommen bin und vor der Table Hostess stehe.
Dort sage ich dann das mein „Husband“ leider mit dem Flieger Verspätung hat und er eventuell doch noch, allerdings später, dazu kommt. Ich gebe dann an, dass ich aber schon mal mit dem Essen starten möchte. So verhindere ich, dass man mir kurzfristig einen doofen Platz zuteilt. Klappt echt immer.
Diese Speech muss man dann gegebenenfalls beim Chef de Rang, beim Sommelier, Brot-Kellner und was weiss ich bei wem, noch mal wiederholen. Kein Problem – das hält mich busy.
Nach nicht mal 1 Stunde ist alles überstanden
Wie gesagt, ich bin fast schon Profi im allein im Restaurant sitzen und zu Abend zu essen. Ich muss dann immer staunen, wie schnell so ein Dinner dann rumgeht, wenn man nicht in Begleitung ist.
Im Schnitt bin ich in 45 Minuten fertig mit meinem Abendessen und frage den Kellner nach der Rechnung.
So schnell? Ja klar, man wird nicht unterbrochen beim Essen, muss nicht sprechen oder die Gabel zig mal ablegen. Man isst einfach gemütlich, in Ruhe vor sich hin. Scheinbar geht das ruckizucki.
Dieser Punkt ist vielleicht wichtig für diejenigen die diese Dinner-for-One Erfahrung nicht kennen und mal abschätzen wollen, wie lange diese Tortur, jenseits der Komfortzone dauert. Was sind schon 45 Minuten, richtig?
Life is better @ the Bar
Echt?
Ja, tatsächlich! Hier meine Warum’s:
Alte Bekannte an der Bar treffen
Ich sass mal allein im Boca Grande in Barcelona an der Bar, unten im Restaurant. Eine wunderbare Location. In einem späteren Blog dazu mehr.
Vor mir war der Fisch du Jour hinter einer Vitrine aufgebahrt, kein netter Anblick aber irgendwie zoologisch. Neben mir sass ein Typ mit Vollbart und längeren Haaren. Ab und zu trafen sich unsere Blicke die sagten „Du auch hier, allein mit deinen Scampis?“.
Je mehr Gänge kamen, schoben sich unsere Teller, die leer waren von seiner Seite nach links und meiner Seite nach rechts. Nachdem bereits der halbe Abend (in meinem Fall 30 Minuten) rum waren klirrte das beiseite geschobene Geschirr aneinander.
Unsere Blicke trafen sich erneut und wir schauten uns so komisch an. Ein Schelm, wer jetzt seiner Fantasie freien Lauf lässt… Nein! Wir schauten uns an und erkannten zur gleichen Zeit, dass wir uns kannten.
Einer meiner Lieblingsstädte in Europa ist Istanbul und eine zeitlang lebten die Eltern einer Freundin aus Deutschland dort. So kam es, dass wir im Jahr zig Mal nach Istanbul gereist sind und uns dort über die Jahre ein kleines Real-Social-Network aufgebaut hatten.
Kurze Rede kurzer Sinn, jedenfalls sass einer unserer coolsten Bekannten von damals nun in Barcelona neben mir. Ich hatte mich verändert und er sich auch. Als wir uns gegenseitig identifiziert hatten mussten wir lauthals loslachen und konnten nicht fassen, wie klein die Welt wirklich ist.
Ich sag’s ja – ab an die Bar Leute!
Dessert auf’s Haus
Nicht nur das Dessert bekomme ich immer wieder mal auf’s Haus serviert, wenn ich an der Bar sitze.
Ich darf auch schon mal Cocktails vorkosten, bevor sie rausgehen, bekomme extra Amuse-Bouche aus der Küche gereicht, darf mein Handy laden oder bekomme immer mal wieder meinen Wein nachgeschenkt, ohne dass ich eine Bestellung aufgebe oder irgendwas auf meinem Bon landet.
Liegt wahrscheinlich daran, dass ich so super nett bin. Cough, cough….
Mehr über die angesagtesten Hot-Spots erfahren
Wenn ich mich so erinnere, habe ich die besten Tipps über Bars, Restaurants, Clubs, Lounges etc. vom Barpersonal erfahren, die vor meiner Nase während meines Abendessens rotiert sind und mit denen ich ab und an ins Gespräch kam.
Wenn jemand weiss, was abgeht in einer Stadt und wo es aktuell angesagt ist, dann Mr. & Ms. Barkeeper.
Meistens kennen die auch noch die Szene, können einen auf Gästelisten setzen lassen, tragen Vip-Bändchen mit sich rum, die sie dann verteilen oder kennen woanders wiederum jemanden, der einem einen coolen Tisch reservieren kann. Dies wäre notwendig wenn mein Tipp #2 (von oben) nicht recht aufgeht.
Tischnachbar-Roulette
Neulich in Tulum im Hartwood. Wie schon erwähnt, eines meiner Lieblings-Restaurants vor Ort und auch ziemlich angesagt. Ich sag nur: vorreservieren, Leute!
Natürlich hab ich das ein Mal nicht getan und nahm vorlieb mit einem Platz an der Bar. No hay problemo!
Die Bar besteht aus einem kleinen Bauchladen-look-alike Holzhäuschen. An der Bartheke war es ziemlich eng und es hatten nur Platz für 5 Leute.
Kaum hatte ich Platz genommen, wurde ein junger Mann quasi auf den Schemel neben mir geschoben. Für eine Sekunde fragte ich mich, ob hier Singles mit einem Tischnachbarn ausgestattet werden, damit sie nicht so allein und lonely aussehen.
Natürlich nicht!
Weil es so eng war, kamen wir sofort ins Gespräch. Er erzählte mir, dass seine Freundin zu spät mit dem Flieger sei und nachher noch dazukomme und er schon anfangen wollte zu essen, weil die Plätze hier so begehrt seien und man sonst einfach nix mehr bekommt. Weder Platz noch Essen.
Dachte mir dann so „Mmh, nice story, dude! Hast mir einfach meine Geschichte geklaut! Frechheit!“.
Natürlich habe ich ihm unrecht getan. Seine Freundin tauchte kurze Zeit später auf, ass dann aus Platzmangel einfach auf seinem Schoss und wir haben uns zu dritt dort festgequatscht. Beide aus London, seit 5 Monaten auf Sabatical unterwegs. Scheinbar die Art von Sabatical, wo man nicht auf den Taler schauen muss, dachte ich mir so.
Beide wollten in Tulum darüber nachdenken, was sie mit dem Rest Ihres Lebens anstellen wollten. Ein toller Ort dafür. Über Tulum berichte ich ein andern Mal.
Und wieder, die Bar war dran Schuld!
Mit den Besitzern ins Gespräch kommen
Hatte ich schon erwähnt, dass man zum Teil Bekanntschaften macht, mit Leuten, die man sonst in der Gruppe vielleicht nicht gemacht hätte?
Kürzlich in New York (auch darüber hasta pronto ein Blogbeitrag), gerade als ich zufrieden das Tutto il Giorno verlassen wollte, sprach mich das Besitzerpärchen an und fragte mich, woher ich sei und ob mir das Essen geschmeckt hat.
Nachdem ich den kleinen Fragebogen beantwortet hatte, kamen wir ins Gespräch. Ich erfuhr, dass sie die Tochter von Donna Karan ist und sie mit ihrem Mann Gianpaolo dieses 2. Restaurant der Tutto-Gruppe eröffnet hatte.
Sie erzählten mir davon, wieviel Herzblut sie in dieses Lokal steckten. Das sah man – das Herzblut und das Design-Blut, welches in dieser tollen Location zurückhaltend explodierte.
Auch woanders treffe ich immer wieder auf Restaurant-Besitzer oder deren Leiter. Nach einem interessanten, kurzweiligen Plausch, hat man das Gefühl, die Location bekommt dadurch eine Seele.
Dinner for one – Doch nicht so schlimm
Meine Güte, war das anstrengend! So allein im Restaurant. Was man da nicht alles zu tun hat. Als Vorkoster darf man herhalten, die Cocktail-Mixturen in sein Hausaufgaben-Heft schreiben und selbst beim Verabschieden wird man noch aufgehalten.
Ach was, allein zu Abend zu essen ist was tolles. Für mich sowieso, vor allem auf Reisen. Und wer das nicht mag, geht einfach ins Restaurant der Hotel-Lobby, dorthin wo die ‚Travel-Loners‘ sich nur so tummeln und man einer unter Vielen ist.
Wem das auch zu viel ist, einfach Raute Taste und die 9 drücken und Room-Service ordern.