Eine stolze Haltung, ein Hauch Arroganz, ein paar Falten im Gesicht und das Wissen um eine Stadt, das über jeden Reiseführer erhaben ist. Der Concierge. Das Herzstück eines Luxushotels. Der wahre Herr des Hauses.
Der Concierge ist die Inkarnation der Dienstbarkeit, ein perfekter Organisator, der scheinbar um jeden Geheimtipp weiss – und natürlich die Diskretion in Person ist (naja, zumindest vor den Gästen!).
Der Concierge eines Hotels hat Kultstatus, er wird verehrt und nicht selten um seine internationalen Kontakte beneidet, die er braucht, um auch dem anspruchsvollsten Gast die undenkbarsten Sonderwünsche zu erfüllen.
Weit gefehlt, wenn man den Concierge heute noch mit einem Pförtner vergleicht, der eigentliche Ursprung seines mittelalterlichen Titels.
Und noch weiter gefehlt, wenn man meint, dass ein Concierge Tag ein, Tag aus nichts anderes macht, als irgendwelche Kreuzchen auf gefalzten Stadtkarten oder Abrissschnipsel fürs Gepäck zu verteilen.
Viele Hotelgäste wissen nicht mal, dass die Bemühungen der grauen Eminenz einer Hotellobby tatsächlich gratis und im Service inbegriffen sind.
Der Concierge steht gänzlich im Dienste der Hotelgäste, und zwar aller Hotelgäste. Auch wenn man meint, dass er sich am liebsten um die Elitäreren und Wohlhabenderen unter ihnen kümmert.
Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Schnöder Alltag eines Lobbyisten?
Die Arbeit eines Concierges könnte abwechslungsreicher nicht sein, trifft er doch jeden Tag auf die unterschiedlichste Klientel, welcher man es ‚besorgen‘ kann.
Sofern man nicht im Besitz einer schwarzen American Express Centurion Card ist, welche per se einen weltweiten Concierge Service offeriert, ist es wohl einzig die 4- und 5 Sterne Hotellerie, wo man auf den klassischen Concierge noch treffen kann.
Freilich, der grösste Teil seiner Arbeit besteht darin, Flüge umzubuchen, Städtetouren zu organisieren, Taxen zu bestellen oder Tische zu reservieren.
Der Concierge ist dafür da, den Anliegen der Hotelgäste gerecht zu werden und diese nach Möglichkeit zu erfüllen. Solange man Gast eines vornehmen Hotels ist, kann man dessen Dienste ohne Weiteres in Anspruch nehmen.
Oft beobachte ich nur allzu gern, wie Gäste in der Hotellobby an der Rezeption herumschleichen, etwas rumdrucksen um sich schliesslich nur zaghaft dem Concierge-Desk zu nähern. Warum eigentlich?
Ein Concierge wird (und darf) niemanden abweisen, wenn man ausnahmsweise mal nicht Klum, Clooney oder Ronaldo mit Nachnamen heisst, auch wenn deren Gesichtsausdruck dies manchmal gern vermittelt.
Im Grunde genommen ist es so: ein Concierge will helfen, will jagen, das schier Unmögliche für den Gast finden. Er allein will der edle Ritter des Hauses sein, denn auch er arbeitet für Trinkgeld.
Und mal ehrlich, wie spannend sind da Gäste, die lediglich ein Taxi bestellen wollen. Definitiv keine Herausforderung für einen Concierge.
Also, verschwinden Sie, wenn Sie nichts besseres auf Lager haben!
Der Concierge, mein bester Freund!
Nun bin ich ein waschechter Hotel-Junkie. Ich konsumiere des öfteren den besten Stoff, den die Luxushotellerie in der Welt zu bieten hat und tatsächlich ist der Concierge für mich eine der nützlichsten Funktionen eines Hotels.
Ob ich im Belmond Mount Nelson in Kapstadt für einen Tag um einen Fotografen als Chauffeur oder im Four Seasons in San Francisco super last minute um ein (fast unmögliches) Ticket zum Alcatraz Gefängnis bat, die Guys von der Lobby haben’s einfach mal klar gemacht!
Und nicht selten kommt es vor, dass sobald ich in einem Hotel über den Concierge und nicht über den Rezeptionisten einchecke, ich in 3 von 5 Fällen ein Upgrade in eine höhere Zimmerkategorie bekomme.
Tja, womöglich sitzt an solchen Tagen auch einfach nur meine Frisur und Make-up 1A.
Illustre Gäste & ausgefallene Wünsche
Ob Möchtegerne, Prominente, Milliardäre, Politiker oder Mafiosi (ja klar, auch die!), sie alle wollen luxuriös residieren und so trifft ein Concierge zwangsläufig auf die Hautevolée der Gesellschaft, in dessen Dunstkreis er sich noch so gern suhlt.
Denn auch Concierges sind neugierig und denken sie wären was Besonderes, wenn sie etwas am Glamour einiger famoser Gäste kratzen dürfen. Wetten?
‚Jeder Gast wird gleichermassen elitär behandelt‘, heisst es aus den 5-Sterne-Häusern. Nun, das möchte ich wahrlich und aus tiefstem Herzen bezweifeln.
Es gibt sehr wohl einen Unterschied zwischen Anna, die last minute um ein Opernticket zur Mailänder Scala bittet, dem Promi-Politiker, der nach einem Elite-Call-Girl verlangt oder Don Giuseppe, der wissen will, welcher der beste Dealer der Stadt ist.
Bei welcher Besorgung der feine Herr hinter dem Concierge-Pult wohl am meisten Freude hat, sich besonders Mühe gibt und entsprechend üppiges Schweigegeld, oups, ich meine natürlich Trinkgeld einsackt, vermag ich nicht zu beurteilen.
Meinen Beobachtungen nach jedoch, ist das Lächeln eines Concierges breiter und seine Ton ein klein wenig entzückter, je teurer die Uhr am Handgelenk oder bekannter der Name im Reisepass.
Mit zweierlei Mass im Dienste der Elite! Oder derer, die das nötige Kleingeld haben, oder?
Vitamin B, sein A & O
Das wichtigste Kapital des Concierges ist sein Adressbuch, einem weltweit geknüpften Netz von wichtigen Kontakten.
Und meines Erachtens ist das das grösste Gut, welches der Concierge besitzt. Wie im realen Leben sind Kontakte und Beziehungen überaus hilfreich und dienlich.
In den nobelsten Hotels der Welt bringen es die Talentiertesten ihrer Gilde auf wundersame Weise zu Stande Tickets, Einladungen, Reservationen und alles Mögliche zu organisieren.
Und dann gibt es da die angesagten Restaurants und Clubs, die oftmals ein Tischlein für spontane VIP-Reservationen freihalten. Die Concierges wissen darum und spielen fleissig ihre Trümpfchen aus, sobald ein nobler Gast darum bittet.
Mancherorts sind Concierges durch ihre bewundernswerten Sonderdienste langjährige Vertraute, Verbündete und Seelsorger der Stars & Sternchen geworden.
Da kann ein 0815 Hubert Schmidt, der mehrmals jährlich geschäftlich im Ritz absteigt, an Glanz und Glamour leider nicht mithalten.
Sein weltweites Netzwerk
Das Metier des Concierge lässt sich nur zum Teil erlernen, es gibt keine offizielle Ausbildung dafür. Viele von ihnen beginnen ihre Karriere mit dem Polieren der Eingangshalle, dem Tür aufhalten, mit Schlüssel reichen oder Botengängen.
Somit ist es dann Goldwert, mit den Concierges der Luxushotellerie international fast lückenlos vernetzt zu sein – über Les Clefs d’Or – die goldenen Schlüssel.
Die Vereinigung, die 1929 in Paris gegründet wurde, zählt heute weltweit etwa 4000 Mitglieder in ihrem Netzwerk.
Ihr besonderes Merkmal ist das Abzeichen mit den gekreuzten goldenen Schlüsseln, welches sie stolz am Revers tragen.
Weniger konspirativ, jedoch nützlich und profitabel.
Diskretion? Nur ein bisschen!
Hach, wie verschwiegen die Angestellten eines eleganten Hotels immer vorgeben zu sein und vor allem die Concierges. Pustekuchen!
Ein Hotel tratscht und alle (fast alle) wissen alles. Diskretion ist eine Illusion. Machen wir uns nichts vor!
Auch Menschen in Frack, steif gebügelten Hemden, mit perfekt manikürten Fingernägeln und dem Schlüsselwappen am Revers, sind nach Schichtende wie du und ich.
Wird jemand von der Putzfrau mal im Adamskostüm erwischt, vermöbelt ein Gast seine Ehefrau im Zimmer oder hat ein Popstar auf dem Wohnzimmertisch der Suite feine weisse Pulverstreifen hinterlassen, kann man davon ausgehen, dass es bald die Hausrunde macht.
Und irgendwann kommt sowas tatsächlich auch mir zu Ohren, mein Fundus an solchen Geschichten ist unerschöpflich.
Jeder weiss Bescheid, auch Mr. Know-it-all von der Lobby. Ich wette ein Concierge führt heimlich Buch über spezielle Vorkommnisse in ‚seinem Hotel’. Er würde es nur nicht zugeben.
Wäre ich eine Concierge, würde ich einen Daily Insider Blog starten: „Neues aus Etage 5“.
Warum nicht? Solange alles anonym und CIA-mässig ohne Namen protokolliert wird?
Und jetzt mal ehrlich, mit Verlaub!
Beobachte ich die Eingangshalle eines Luxushotels, sehe ich, wie der Concierge sämtliche Geschehnisse in der Lobby scannt.
Er ist der stille Beobachter.
Sicher nimmt er im Geiste eine Typologisierung vor, darüber, welcher Gast in welche Schublade gehört.
Denn niemals würde er sich zB. über den finanziellen Plafond eines Reisenden erkundigen. Das wäre ein unbotmässiger Eingriff in dessen Privatsphäre.
Ein erfahrener Concierge kundschaftet seine Gäste aus und lässt sich einzig und allein von seiner Menschenkenntnis leiten, und nicht von Statussymbolen wie einem teuren Koffer oder einer Rolex.
Der Habitus der Gäste ist es, welcher Einblick genug in deren finanzielle Verhältnisse gibt.
Untertänig, unnahbar, unmöglich!
Konnte ich in der Vergangenheit schon so manchen schnöselig unfreundlichen Concierge knacken und ihm ein halbherziges Lächeln abgewinnen, finde ich, sind sie die komischste Gattung des Hotelgewerbes.
Fast schon kriecherisch schmeichelnd, subtil heuchlerisch und ab und an etwas selbstgefällig kommen sie daher. Oder sehe nur ich das so?
Dabei sind die Master der Hotellobby auch nur Menschen. Selbst die aalglatt gegelte Schniegelfrisur eines Concierges sieht morgens nach dem Aufstehen wohl aus, wie wuschelige Haarpampe.
Etikette hat auch bei einem Concierge ein Verfallsdatum: Sicherlich rülpst und furzt auch er, ist vielleicht mal besoffen oder hat einen Knick in der Krawatte.
Seine piekfeine, überkandidelte Haltung, wenn Gäste zugegen sind, ist grösstenteils antrainiert und vorgegaukelt.
Kein Mensch ist 24h am Tag so stocksteif, eintönig, übertrieben höflich unhöflich, wie so viele von ihnen.
Und dennoch schaffen sie es, dem Eingangsbereich eines jeden Luxushotels ein heroisch, edles Antlitz zu verleihen.
Concierges schweben geruhsam umher, wissen um ihr Wissen, um ihre weltweite Connection und um ihre Gabe, auch dem verwöhntesten Hotelgast dienlich zu sein.
Der Concierge eines Luxushotels ist der wahre Herr im Haus, die allwissende Seele deren Geschichten bisweilen jedes Boulevardblatt des Altpapiers verweisen.
Pardonnez-moi! An dieser Stelle vielleicht mal ein kleiner feiner Tipp für einige dieser Zunft: Ich könnte mir vorstellen, dass seit Paypal, Twint und Kreditkarte das Trinkgeld in Form von Barem nicht mehr so üppig ausfällt, wie auch schon.
Darum bietet es sich vielleicht an, sich einfach mal locker und vor allem richtig, richtig nett, freundlich und herzlich zu geben. Womöglich zahlt es sich ja aus?
Denn bei so manchen Zimmerpreisen eines Hotels, sollte jeder Concierge den Gästen mit seinem zauberhaftesten Lächeln und seiner unermüdlichen Passion zu Füssen liegen.
Und bitte Lächeln nicht vergessen! Es ist nur ein Job!
Anna